Am 05.02.2018 erschien in der Märkischen Allgemeinen Zeitung der Artikel "Helmholtz-Zentrum baut 2019 Reaktor ab", der online ab dem 16.02.2018 verfügbar war unter: http://www.maz-online.de/Brandenburg/Helmholtz-Zentrum-baut-2019-Reaktor-ab
Uns liegt ein Leserbrief an die MAZ vor, der bei uns in ungekürzter Fassung nachzulesen ist:
Sehr geehrter Herr Braun,
mit Ihrer im Artikel verwendeten Wortwahl (neudeutsch "wording") verharmlosen Sie die Kritik, Bedenken und Ängste "besorgter BürgerInnen" und machen sie z.T. lächerlich.
Vieles reden /schreiben Sie im wahrsten Sinne des Wortes klein und schwächen Gefahrenpotentiale (die auch von der Reaktorsicherheitskommission aufgeführt wurden) ab bzw. führen sie nicht an:
# Der Atomreaktor ist nicht nur klein, sondern geradezu "mini", ein "Mini-Meiler".
Das Wort "Meiler" stammt noch aus Vor-Atom-Kernspaltungszeiten" und man verbindet damit erst mal nichts "Beunruhigendes" wie Atombombe, Supergau /Tschernobyl, Fukushima usw.
Darüber hinaus ist dieser "Meiler" auch noch "mini"!, d.h. kleiner als klein. Zwar ist er im Vergleich zu Kraftwerksreaktoren "klein" - "klein" aber "oho", was sein Gefahrenpotential betrifft: Auch bei ihm ist ein Unfall möglich, und das wäre etwas
# "Unangenehmes" ("der Super-GAU?"), das "passieren könne, da - wenn auch nur "in kleinem Maße "schwach angereichertes Uran" gespalten werde.
Die gängige Übersetzung zu LEU ist "niedrig angereichertes Uran" im Vergleich zum HEU "hoch angereichertes Uran", das als (atom-)"waffentaugliches" Uran bezeichnet wird "Schwach angereichertes Uran" führt bei Havarien aber nicht – wie es hier klingen soll – zu "schwächeren" Unfallfolgen.
Und was heißt hier "in kleinem Maße"?
Und ein solcher Unfall ist nun mal leider immer möglich, wenn vielleicht auch
"höchst hypothetisch" (Ina Helms) was nicht gleichbedeutend mit "unmöglich", ist. Das hat sich bereits in Tschernobyl, Fukushima, Harrisburg usw. tragischerweise erwiesen.
( "Nebenbei" zu Ina Helms: Auch im "Normalbetrieb" einer jeden Atomreaktoranlage "gelangen radioaktive Stoffe nach außen". Eine Anwohnerin im Nahbereich um die Reaktoranlage in Wannsee berichtete wiederholt, dass sich in diesem Bereich die Anzahl der Krebserkrankungen gehäuft hätten.)
Und ein jeder Unfall ist letztlich immer auf menschliches Versagen zurückzuführen; denn um einen solchen zu vermeiden, müssen die Menschen immer 100%ig in der Lage sein, alle Eventualitäten – angefangen mit der Bau-Planung, dem Bau, der Aufsicht über Materialermüdungen, des einwandfreien Funktionierens der Technik, der Einberechnung von Naturkatastrophen bis zu einem Terrorangriff
# "böser Eindringlinge" (klingt nach Märchenstunde), was "ungelegen käme", die auch von außen angreifen können.
Und der Wannsee-Reaktor hat von allen drei Forschungsreaktoren in Deutschland mit Abstand die höchste Zahl "meldepflichtiger Störungen"!
Eine mögliche Havarie im Ausmaße eines GAUs (von der Reaktorsicherheitskommission bestätigt) des Wannsee-Reaktors könnte eine radioaktive Verseuchung von halb Berlin und/oder Potsdam bedeuten (je nach Wetterlage). Halb-Berlin oder Potsdam würden zu Sperrzonengebieten. Welch ein Horrorszenarium, das nicht "nur" Berlin oder Potsdam mit Millionen von Einwohnern und der Infrastruktur der Städte ("Flüchtlingswellen"!), sondern letztlich ganz Deutschland betreffen würde!
# Und was "verharmlosende Auslassungen" betrifft: Sie schreiben, dass das zehn Meter tiefe Becken mit den Brennstäben von einer "bis zu zwei Meter dicken Betonschicht umgeben" ist; klingt erst mal beruhigend, wenn man davon absieht, dass auch Beton bröckeln kann, aber Sie erwähnen nicht, dass dieses Becken nach oben offen und nur von einem Fabrikdach überdeckt ist, das gerade mal einer gewissen Schneelast standhält, aber keinem abstürzenden Flugzeug und/oder einer entsprechend präparierten Drohne (Terrorangriff) o.ä.
Verwundert hat mich auch ihre Wiedergabe der Interviews mit Herrn Schlender und Herrn Welzel vom HZB:
Ich war wie Sie auf der ersten Informationsveranstaltung am 21.11.2017 und habe die Ausführungen der HZB-VeranstalterInnen so verstanden, dass es noch keine feststehenden Pläne (zur Stilllegung) gibt, sondern nur so etwas wie "erste Szenarien", die im Rahmen des Dialogs mit BürgerInnen diskutiert werden sollen.
Ihrem Bericht zufolge gibt es aber bereits "feststehende Pläne mit Zielsetzungen": "Wir wollen bis 2030 an der Stelle, wo der Reaktor steht, eine grüne Wiese haben." Das erscheint mir zum einen nicht nur extrem ehrgeizig, wenn ich bedenke, dass andere Abrissarbeiten von Atomanlagen Jahrzehnte dauer(te)n und zum anderen ist der Begriff der "grünen Wiese" höchst fragwürdig: Falls es z.B. gelingen sollte, den Reaktorstandort in Wannsee vollständig zu dekontaminieren, wozu auch die "Verbuddelung" des BER I gehört, sind damit noch nicht die kontaminierten Teile, was Bauten, Mobiliar, Erde usw. betrifft, einfach "aus der Welt geschaffen", sondern nur örtlich verlagert worden, worüber die "anderen Orte" auch nicht begeistert sein dürften (von der Problematik der "Freimessung" mal abgesehen). Für mittel- bis schwachverstrahlte Materialien soll Schacht Konrad, der noch nicht fertig gestellt, kritisiert und schon jetzt als nicht ausreichend bewertet wird, herhalten. Und solange bleibt der radioaktive Müll in Wannsee im Zwischenlager (= Sammelstelle) vor Ort. Die "Grüne Wiese" neben der "strahlenden Sammelstelle".
Das wirft auch die Frage zur Dekontaminierung auf: Z.B. lassen sich nicht alle radioaktiven Isotope einfach "abwaschen", die im kontaminierten Wasser des Abklingbeckens und im Wasser des zur Dekontaminierung von Bauteilen benutzten einfach "verdampfen", wie z.B. Tritium, und einen nur "leicht strahlenden Restmüll/Feststoff" zurücklassen.
Und was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist die Aussage, "Die Brennelemente dagegen sollen spurlos verschwinden".
Entspringt diese einem wirklichkeitsfreien Wunschdenken, oder auch nur den Praktiken der ersten Jahrzehnte der Atomtechnik, in denen der Müll einfach in die Meere versenkt oder irgendwo verbuddelt wurde?
Auf keinen Fall entspricht diese Aussage einem "verantwortungsvollen Umgang mit Atommüll"!
Auch verstehe ich nicht den Zusammenhang zwischen den Aussagen "die (Brenn-)Stäbe lassen Welzels Mitarbeiter zunächst 30 Tage abklingen. Dann werden sie mit einem Spezial-LKW abtransportiert." und "Laut Welzel wird der Abtransport aber frühestens 2026 beginnen", d.h. 6 Jahre nach der Abschaltung und nicht nach 30 Tagen?
Sehr geehrter Herr Braun,
Ihr Bericht klingt nach "Es ist nicht, was nicht sein darf", weshalb der Vogel Strauß vor dem, was nicht "sein darf"seinen Kopf in den Sand steckt, während der Rest seines Körpers über dem Sand von dem, was ist, zerstört wird. Und das "nachhaltig" bis zu Millionen von Jahren, was die menschliche Vorstellungskraft übersteigt.
Ich denke, wir sollten uns nicht selbst "köpfen" und statt dessen heute unsere Köpfe und Herzen dafür einsetzen, aus unserem "Ist-Zustand", der sich schon jetzt verheerend auf die Zukunft unserer Erde mit allem, "was da so kreucht und fleucht" auswirken wird, noch irgendwie das "Beste" oder wenigstens das "am wenigsten Schlechte" herauszuholen.
Mit freundlichen Grüßen
Regina Schulze