Atompolitik
Laufzeitverlängerung für niederländischen AKW-Greis?
Grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung zur Verlängerung der Laufzeit des niederländischen Atomkraftwerks Borssele
Die niederländische Regierung beabsichtigt, die Laufzeit des heute schon 50 Jahre alten Atomkraftwerks (AKW) Borssele über das Jahr 2033 hinaus zu verlängern. Dazu hat das BMUV die Unterlagen zur grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung veröffentlicht.
Es besteht die Möglichkeit, bis einschließlich 11. Juli 2023 zu dem Scoping-Entwurf und dem Beteiligungsplan per E-Mail an info(at)platformparticipatie.nl eine Stellungnahme abzugeben.
Doch damit nicht genug. Die Niederlande plant noch den Bau von zwei neuen AKWs.
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Wird die Türkei den Bau der AKWs stoppen?
Natürlich müssen aktuell die humanitären Fragen nach den Erdbeben diese Woche in der Türkei / Syrien im Vordergrund stehen. Doch trotz der riskanten Geologie plante die Türkei den Bau von Atomkraftwerken an drei Standorten. Jedoch "Die Türkei liegt in einer tektonischen Hochrisikozone – quasi einem Schleudersitz der Erdplatten." schreibt scinexx, das Wissensmagazin am 08.02.2022 über die tektonischen Hintergründe der aktuellen Erdbebenkatastrophe.
Aufbauend auf Abbildung 7 aus dem Artikel "Turkey’s electricity generation problem and nuclear energy policy" und der Karte von Markus Brauer "Erdbeben in der Türkei und in Syrien" mit den Epizentren dieser Woche ist folgende Abbildung entstanden:
Vergleicht man die türkischen AKW Standorte mit der public domain Karte aus dem Jahr 2012 "Map of seismic hazard from the Global Seismic Hazard Assessment Program (GSHAP) in terms of peak ground acceleration with a 10% chance of exceedence (or a 90% chance of non-exceedence) for an exposure time of 50 years" bezüglich der seismische Gefahr, wäre die Türkei besser beraten, die AKW-Pläne zu beerdigen.
Kernfusion im Lawrence Livermore National Lab?
Es wurde am 13.12.2022 berichtet: "In den USA wurde erstmals von einer Kernfusions-Kammer mehr Energie freigesetzt, als hineingesteckt wurde." Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, schneller als die dortigen Wissenschaftler einen wissenschaftlichen Artikel schreiben konnten und schneller als die Ergebnisse unabhängig geprüft werden konnten.
Die Meldung, als "Meilenstein" angepriesen, fachte in der Presse und in den sozialen Medien auch die Diskussion zur Sinnhaftigkeit dieser Technologie an. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sollen an dieser Stelle einige Aspekte aufgeführt werden:
- Ein alter Schmäh unter Forschenden und Physik-Nerds lautet:
"Die einzige Konstante in der Fusionsforschung sei, dass es zu jedem Zeitpunkt in 30 Jahren einen funktionierenden Fusionsreaktor geben werde. Die Kernfusion ist die Karotte vor der Nase der Menschheit: Energie, die praktisch kostenlos, unendlich, sauber und zum Greifen nahe scheint. Und das nun schon seit 60 Jahren." schrieben Philip Pramer und Reinhard Kleindl am 16.12.2022 (vergleiche dazu auch den Spiegel Beitrag "Atomenergie: 'Eine chaotische Entwicklung' " von 1977). - Geschichte wiederholt sich:
Man feiert die Aussicht auf eine "klimaneutrale", unendlich sprudelnde und von allen anderen Ressourcen unabhängige Energiequelle, ein Szenario, das wiederum an die phantastische Gehirnwäsche der Atomwaffenlobby zur paradiesischen zivilen Atomkernspaltung im vorigen Jahrhundert erinnert.
Widerspruch aus Deutschland zu den geplanten polnischen AKWs
Es ist zu hoffen, dass man in dem polnischen UVP Verfahren alle eingegangenen Stellungnahmen veröffentlichen wird. Ob und wann dies transparent geschieht, ist unklar. Aus diesem Grund werden uns bekannte Stellungnahmen aufgeführt:
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Auszug aus der "Chronik der weltweiten internationalen Anti-Atom-Bewegung" zum Bau von Atomkraftwerken in Polen
Dieter Kaufmann vom Arbeitskreis gegen Atomanlagen Frankfurt am Main, Deutschland übermittelte uns diesen Auszug (Stand vom 11.12.2022). Die Zusammenstellung der Chronik zum Bau von AKW in Polen enthält ebenfalls Informationen zu Litauen, Russland, Deutschland, EU.
29.09.1957 UdSSR/Ural/Majak/Kyschtym/Tscheljabinsk: Eine von vielen geheimen Städten, die für das Atomwaffenprogramm arbeiten. Schwerer Atomunfall in der Plutoniumfabrik; ein Behälter mit 80 Tonnen hochradioaktiven Abfällen -flüssige Rückstände der Plutoniumbombenproduktion - explodiert, auf einer Fläche von 23.000 Quadratkilometern auf der rund 272.000 Menschen leben, ging vorwiegend Strontium 90 nieder im Ausmaße des Supergaus in Tschernobyl von 1986. (Das Parlament, Nr. 12, 21.03.2011, Seite 4) Der Unfall wurde geheim gehalten und erst im Juni 1989 von der sowjetrussischen Regierung öffentlich zugegeben. https://atommuell-lager.de/wp-content/uploads/2018/01/Geschichte_AKW-und-Atommuell-Lager.pdf
Vermerk: Die Sowjetunion wie auch Russland machen keinen Unterschied zwischen Atomwaffen und zivilen Atomprogramm. Das ist auch heute so bei Rosatom unter Putin in Russland.10.10.1957 Großbritannien/Windscale: Ein schweren Brand im luftgekühlten Gas-Graphitblock- Reaktor Pile No. 1 entsteht zuerst unbemerkt vom Leitstand. Der Versuch den Kern mit Luft herunterzukühlen beschleunigt den Brand noch. Radioaktivität gelangt ungehindert durch die Abluftkamine nach außen. Als letzter Versuch wird der Atomreaktor mit Wasser geflutet. Der beim Löschen entstehende Dampf setzt weitere Mengen an Radioaktivität frei. (Das Parlament, Nr. 12, 21.03.2011, Seite 4) Der Brand konnte erst nach drei Tagen gelöscht werden. Es ziehen radioaktive Wolken über ganz Europa. 500 Quadratkilometer wurden vor Ort verseucht. Dieser Unfall wurde 30 Jahre von den demokratischen Regierungen in London geheimgehalten (Sperrvermerk 30 Jahre). Die Öffentlichkeit erfuhr erst Ende 1987 von dem gesamten Ausmaß der atomaren Katastrophe. Nach offiziellen Angaben gab es 35 Tote und mehr als 200 Fälle von Schilddrüsenkrebs. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die tatsächlichen Zahlen weitaus höher liegen. Die Verseuchung durch die Radioaktivität in Europa war größer als der Unfall von Tschernobyl. Später wurde Windscale in den heutigen Namen Sellafield geändert. („Der Montag, der die Welt veränderte“ von Claus Biegert 1996)
Vermerk: Im Internet wurde ein Artikel von mir veröffentlich über viele Atomunfälle. Außerdem sind einige B 52 Bomber der USA im Meer gestürzt und Atom-U-Boote der beiden Großmächte im Meer spurlos verschwunden. Außerhalb der USA hat das US-Militär alles geheimgehalten. Das gelang nicht immer.
https://www.stoerfall-atomkraft.de/site/atomunfalle-weltweit/07.12.1975 DDR/Greifswald/Lubmin/Polen: Ein Elektriker wollte seinem Lehrling zeigen, wie man elektrische Schaltkreise überbrückt. Dabei kam es zu einem Kurzschluss auf der Primärseite des Block-Trafos des Blocks 1, durch den entstehenden Lichtbogen brach ein Kabelbrand aus. Das Feuer im Hauptkabelkanal zerstörte die Stromversorgung und die Steuerleitungen von 5 Hauptkühlmittelpumpen (6 sind für einen Block in Betrieb). Eine Kernschmelze hätte drohen können, da Reaktor 1 nicht mehr richtig gekühlt werden konnte. Das Feuer konnte jedoch durch die Betriebsfeuerwehr schnell unter Kontrolle gebracht und die Stromversorgung der Pumpen provisorisch wieder hergestellt werden, da sofort nach Auftreten des Brandes Gegenmaßnahmen ergriffen wurden und die Betriebsmannschaft zu jeder Zeit des Unfalls die richtigen Entscheidungen traf. Nach dieser Beinahe - Katastrophe wurde der Brandschutz innerhalb des Atomkraftwerks erheblich verstärkt und die "Räumliche Trennung" bei sicherheitsrelevanten Einrichtungen eingeführt; so erhielt jede Hauptkühlmittelpumpe ihre separate Stromversorgung. Der Vorfall wurde erst nach der Wende 1989 im Fernsehen bekannt. (1989) Da ist ein Werkzeug in einen Verteilerkasten gefallen und hat einen Brand ausgelöst. In der Folge waren die Kühlkreisläufe unterbrochen. Nur durch viel Glück ist die allerletzte Notpumpe nicht ausgefallen. In der Störfallanalyse der IAEA ist der Zwischenfall nicht sehr hoch eingestuft worden. Er hätte aber schwerwiegendere Folgen haben können. (Rosmarie Poldrack, Interview n-tv, „Als die DDR vom Netz ging“, 18.02.2011) https://www.n-tv.de/politik/Ich-habe-Morddrohungen-gekriegt-article2604336.html
Vermerk: Nur eine einzige Hauptkühlmittelpumpe (Wasser) war noch in Betrieb. Sie hatte ungeplant durch Zufall eine Stromleitung außerhalb des AKW-Standorts) gehabt. Das hat uns Deutsche und Polen gerettet, vor dem möglichen Super Gau (Wetterverhältnisse Westwind) Rosmarie Poldrack hatte in der DDR, die einzige genehmigte Bürgerinitiative von den DDR Behörden in Greifswald durchgesetzt. Ich kannte ihren Namen schon lange vor der Wende 1989. Anfang 1990 gab ein allererstes Treffen mit ihr im Öko-Institut in Darmstadt an einem Wochenende. Es ging um die Atomkraftwerke in der DDR. Strategien besprochen. Wir wollten alle laufenden und geplanten neuen vier Atomkraftwerke bei Leipzig beenden. So kam es dann auch. Weder die deutsche Bundesregierung noch die deutschen Energieversorger wollten dafür Geld ausgeben. Es hätte Milliarden gekostet.
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